Seit letztem Winter hinkt er, auf drei Beinen, der Karotte hinterher, die ihn auf die Schlucht zuführt. Ein hinkender Esel, der gebannt nach oben schaut, den wunderschönen Himmel sieht, mit der saftigen Karotte. Er kann den Blick nicht abwenden.
"Schau runter! Der Abgrund ist genau vor deinen Füßen. Du wirst fallen. Du wirst sterben."
"Möglich," sagt der Esel, "doch die Karotte ist so saftig, sie wird so gut schmecken. Und vielleicht ist man gütig, ich werde sie rechtzeitig erreichen. Es wird alles gut werden."
"Du Tor, da ist niemand sonst. Niemand kann dir Gnade gewähren, außer ihr. Und wenn sie es nicht tut, dann macht es niemand. Es gibt nur eine Lösung, du musst dich umdrehen. Es gibt tausende andere. Du musst dich nur umdrehen."
"Ich kann nicht, nicht so kurz vor dem Ziel. Sie wird mich erkennen, ich bin ihr wichtig genug. Ich muss nur noch ein bisschen warten. Ich muss ihr Zeit geben. Sie liebt mich, ich bin ihr wichtig genug. Es wird schon alles gut werden."
"Es hat nichts mit dir zu tun. Sie lebt nicht, sie wird sich nicht ändern, sie ist, was sie ist."
"So wunderschön, so saftig, meins."
"Du irrst, sie ist niemand, sie ist leblos."
"Du lügst, sie sagt sie liebt mich, sie sagt, ich sei ihr wichtig."
"Sagt sie auch, zu welchem Preis?"
"Nun, sie schenkt mir die Gegenwart."
"Ist das genug? Sieht sie nicht den Abgrund, auf den ihr zusteuert?"
"Versicherte sie mir die Zukunft, sie wäre ein Schwindler! Die Gegenwart ist alles, was wir haben."
"Möglich. Aber liegt Sie nicht in ihrer Hand? Liegt es nicht an ihr, sich abzuwenden und den Kurs zu ändern?"
"Aber du sagtest es doch selbst, sie ist leblos, es liegt nicht in ihrer Macht."
"Und das ist es, was du willst? Und das ist dir genug?"
"Augenscheinlich, sie ist so saftig, so wunderschön, genau vor meiner Nase, in wenigen Schritten bin ich da. Ich muss mich nur noch kurz gedulden. Ich bin jetzt schon so weit gegangen, es wird schon alles gut werden. "
"Du Tor, das sagst du schon seit dem ersten Tag."
"Ich hab Angst."
"Das musst du nicht. Du musst dich nur umdrehen. Du bist nicht allein."
"Ich bin nicht mutig genug."
"Du bist so weit gekommen. Das Damoklesschwert über deinem Kopf, du kannst ihm ausweichen. Du bist Herr deiner Selbst."
"Ich kann die Hoffnung nicht aufgeben."
"Du siehst es von der falschen Seite. Es ist zu scharf, du wirst dich schneiden. Du wirst dich verletzen, du wirst sterben. Du musst loslassen. Lass los, dann bist du frei. Nur so kannst du etwas schaffen. Es ist der einzige Weg."
"Ich will frei sein. Ich fühle mich elendig."
"Nur wenn du los lässt, nur dann bist du leicht genug zu fliegen und den Abgrund zu vermeiden, deinem Schicksal einen Streich zu spielen. Erst wenn du nichts mehr willst, bist du frei. Erst wenn du keine Erwartungen hast, keine Hoffnung, keine Illusionen, dann siehst du die Wahrheit, dann bist du frei. Du kannst frei sein. Lass einfach los."
"Ich klammere mich an den kleinsten Halm. Es schneidet mir in die Finger. Es tut weh."
"Lass einfach los, dann bist du frei."
"Die Gegenwart ist alles, was ich habe."
"Dir gehört die Zukunft, du hast es in der Hand."
"Ich lasse jetzt los."
"Sie ist da. Sie empfängt dich jetzt."